Grundlage einer wissenschaftlichen Arbeit jedweden Umfangs oder jedweder Disziplin ist eine angemessene wissenschaftliche Fragestellung. Die Komplexität dieser Fragestellung sollte dem Umfang und Grad der Arbeit  – Proseminar- oder Hauptseminar-Arbeit, B.A.-, M.A.-Arbeit oder Promotion – entsprechen. Die wissenschaftliche Fragestellung einer Arbeit kann dem Autor und der Autorin vorgegeben sein oder kann aus einem Eigeninteresse hervorgehen (siehe Forschungsinteresse).

Die Fragestellung wird in der Einleitung der Arbeit neben einer Erläuterung zum methodischen Vorgehen und neben der Abgrenzung des Gegenstandsbereichs vorgestellt. Der Ausformulierung einer Fragestellung gehen in der Regel umfangreiche Lektüren voran, sie ist also bereits das Ergebnis einer nicht nur oberflächlichen Beschäftigung mit einem Gegenstand oder Korpus.

Je deutlicher der Übungscharakter einer wissenschaftlichen Arbeit ausfällt, desto weniger neu oder innovativ muss die Fragestellung sein, und kann auch lediglich aus vorangegangenen Forschungsarbeiten (siehe Sekundärliteratur) aufgegriffen und noch einmal durchgeführt werden. Die Fragestellung führt durch die Arbeit und erfüllt mehrfache Ansprüche. Zum einen ist sie so gestellt, dass Dritte sie verstehen, ihre Rezeption hat einen Nutzen, sie genügt methodischen Anforderungen und macht Wissensräume nachvollziehbar, weist aber gleichzeitig Grenzen des Wissens und „Freiheit[en] des Nicht-Wissens“ aus (Umberto Eco, Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt, Wien 2010, S. 40 ff.) 

An der Grundlage der Fragestellung und ihrer Durchführung lässt sich der wissenschaftliche Charakter einer Arbeit erkennen, da die Deskription eines Gegenstandsbereichs – wie? was? warum? – durch sie in den Hintergrund tritt und eine multiperspektivische, auf verschiedenen Argumentationsebenen operierende Untersuchung – wodurch? inwiefern? wozu? – im Vordergrund steht (siehe dazu „Hausarbeit vom Ghostwriter. Der Undercover-Test“, youtube, eingesehen am 10.10.2018, ab Min. 8:29).

Wissenschaftliche Fragestellungen können beispielsweise auf folgende Weise eingeleitet werden und müssen nicht notwendigerweise als Frage formuliert werden:

Beispiel 1: „Die vorliegende Arbeit möchte aufzeigen, inwiefern sich der Charakter und die Sprache des Löwen in den Fabeln von Jean de La Fontaine von den Darstellungen desselben Tieres bei Aesop und Gotthold Ephraim Lessing unterscheidet.“           

Beispiel 2: „Im Folgenden soll daher das Auftreten des Elementes der Sonne in der Struktur der Romane La Peste und L’Étranger von Albert Camus analysiert und sollen die verschiedenen Funktionen dieses Motivs für den Handlungsverlauf der herausgearbeitet werden.“